Reparaturversuch TSA4000                 Tx=20240410.



Im Repair-Cafe schlug diesmal ein Verstärker von Thomann auf. Fehlerbeschreibung: es wurde etwas (Mikrophon?, Gitarre?, nein, Lautsprecher, wie wir später erfahren haben!) bei laufendem Verstärker eingesteckt und es gab einen Knall und Blitz und Rauch und nichts ging mehr. Na fein!

Also mal vorsichtig ausprobiert (mit Regeltrenntrafo und Glühlampen-Strombegrenzer, die wir extra für diese Reparatur gekauft bzw. gebaut haben, ganz rechts unser Aufbau)

     

aber es leuchtete keine LED, alles tot. Was macht man in so einem Fall? Aufschrauben!

Innen sieht man rechts und links die massiven Endstufen mit sehr vielen Transistoren, in der Mitte das Schaltnetzteil und hinten die Eingangsverstärker.

Es stechen einem sofort die vier großen Zwischenkreis-Elkos ins Auge: 2200F bei 200V (oder so ähnlich). Eine visuelle Inspektion ergab nichts Auffälliges. Allerdings konnte man nun im eingeschalteten Zustand eine kleine rote LED leuchten sehen -- es war also offenbar zumindest die Hauptsicherung noch intakt. Wie sich später herausstellte, gehört diese kleine LED zum StandBy (?) Netzteil (NT), ebenfalls ein Schaltnetzteil (Hilfs-SNT), das wohl noch funktionierte.

Leider konnte ich im i-net keinerlei Unterlagen zu diesem Verstärker finden (weshalb ich diesen Reparaturbericht schreibe). Zusammen mit einem Freund haben wir uns die nicht unerhebliche Arbeit gemacht und den Schaltplan des Netzteils reverse engineered, um Anderen bei der Reparatur eine bessere Ausgangslage zu verschaffen. Dazu später mehr. Dieser Verstärker ist übrigens mit 2 x 1500W an 4 Ohm ausgezeichnet,

wobei die Eingangsleistung aber nur 680W beträgt. Wie geht denn das? Die 2 x 1500W kommen wohl nur in Spitzen für ganz kurze Zeit aus den Zwischenkreiselkos, die Dauerleistung ist wohl wesentlich geringer. Verblüffend auch: die Hauptsicherung im 230V Eingang hat 25A! Die war natürlich noch intakt.

Da an der Frontplatte keine LEDs leuchteten war uns recht schnell klar, dass das Haupt-SNT keine Spannungen lieferte. Eine kleine piggy-back-Platine (H1000-2# 2011-9-28) steht senkrecht zur Hauptplatine und auf dieser befinden sich das PWM-IC SG3525AN und das IGBT-Treiber-IC IR2110 für das Schaltnetzteil. Außerdem noch einiges an Logik und es wurde uns schnell klar, dass hier verschiedene Dinge überwacht wurden und das NT erst loslegt, wenn alles OK ist. Wir konnten leicht nachmessen, dass zwar die Zwischenkreisspannung von ca. 325V vorhanden war, aber das Logiksignal (ein wired-OR) das NT nicht freigab. Somit begann unser erster Versuch, herauszufinden, warum das NT gesperrt wurde.

Nach Zerschneiden der Vergussmasse kann man die kleine Platine herausziehen (gesockelt!) und anschauen. Es war uns aber nicht möglich, in nur zwei Stunden (mehr Zeit war im Repair-Cafe nicht) diesen Schaltplanteil komplett zu erstellen. Also ein Schuss ins Blaue: mein Freund hat alle Endstufentransistoren nachgemessen und tatsächlich waren zwei komplementäre defekt (Kurzschluss): NJW0281G (NPN) und NJW0302G (PNP). Diese haben wir ausgelötet und ich bestellte Ersatz auf Ebay (ca. 17 EUR). Ein mögliches Szenario das uns in den Sinn kam war, dass beim Einstecken eine Spannungsspitze auftrat, die den Verstärker überlastete, zwei Transistoren brannten durch, dadurch wird die Niederspannung permanent kurzgeschlossen, dies erkennt das NT und schaltet erst garnicht ein. Klingt doch logisch, oder?

Beim nächsten Reparaturtermin also die beiden defekten Transistoren ausgetauscht, alles zusammengebaut und ausprobiert: NICHTS! Das SNT schaltet immer noch nicht ein. Ich habe dann das wired-OR vorsichtig auf aktiv gezogen (ja, das ging) aber das NT machte immer noch keinen Mucks, obwohl es nun eigentlich irgendwas hätte sagen sollen. Wir haben dann die Hauptplatine ausgebaut und die IGBTs IRGP4063D im NT gemessen: beide hatten einen Kurzschluss! Also neue IGBTs IRGP4063D auf Ebay bestellt (ca. 15 EUR).

Wir haben dann einen Sondertermin anberaumt, einen ganzen Tag von 9h morgens bis 21h abends, weil mit den 2 oder 3 Stundenscheibchen des Repair-Cafes einfach nicht voranzukommen war. Am Sondertermin dann die neuen IGBTs eingelötet. Dabei sahen wir, dass die Masse-Leiterbahn direkt am HIGH-side IGBT verdampft war. Das erklärt den vom Besitzer vermeldeten Knall und Blitz. Damit war hier der Zwischenkreis-Stromkreis unterbrochen und die defekten IGBTs konnten die Zwischenkreisspannung nicht mehr kurzschließen. Daher war auch kein hoher Strom geflossen. Wir haben die Leiterbahn mit einem Stück dicken Installationsdraht (was halt grad verfügbar war) repariert. Hier ein Bild der verdampften Leiterbahn (am Kühlkörper sieht man noch die Schmauchspuren)

Mit dem Oszi (ohne wäre es nicht gegangen!) konnten wir vorher die Ansteuersignale verifizieren und es sah eigentlich alles bestens aus. Mit dem Regeltrenntrafo (ohne würde ich an sowas nicht arbeiten wollen, wegen der Sicherheit) habe ich langsam hochgedreht, so bei 200V~ hat dann ein Relais geschaltet und dann gab es einen lauten Knall und Blitz. Das war also nix. Die 40W-Vorschaltglühlampen haben in dem Fall nicht wirklich geholfen, denn ich musste die massive Elko-Bank im Verstärker bis auf 270V aufladen (das reverse engineering hat später gezeigt, dass der Verstärker die Zwischenkreisspannung überwacht (sowohl auf Unterspannung als auch auf Überspannung!) und die action erst losgeht, wenn diese Spannung über 270V liegt). Dann schaltet das Relais im 230V-Eingang die Ladestrombegrenzungswiderstände kurz und es beginnt die Ansteuerung der Netzteil (Haupt-SNT) IGBTs. Und da kam es dann wohl zu einem Durchschuss durch beide IGBTs: Knall und Blitz. Dabei ist wieder ein Stück einer anderen Leiterbahn (diesmal die Minus-Zuleitung, LOW-side) verdampft. Die erhebliche Ladung in der Kondensatorbank des Verstärkers hat hier kurzen Prozess gemacht, da hilft keine Vorschaltglühlampe in der Netzzuleitung, in der Zuleitung zu den IGBTs hätte sie schon etwas genutzt, siehe später.

Überrascht hat mich, dass die 40W Vorschaltglühlampe ziemlich hell geleuchtet hat, auch nachdem die Kondensatorbank geladen war. Wo geht denn die ganze Leistung hin, warm wird nämlich nichts. Auf der Hauptplatine gibt es die übliche (bekannt aus PC-Netzteilen) 230V / 110V Umschaltung per Lötbrücke. Die haben wir aufgetrennt, sodass keine Leistung mehr in das Gerät fließen konnte: die Glühlampe brennt immer noch! Es ist also nur Blindstrom, der über die erheblich großen (220nF, mehrere!!) Kondensatoren des Netzfilters fließt. Man darf sich von diesem Blindstrom nicht verwirren lassen, alles OK.

Wir haben dann nochmal die Gate-Ansteuerung geprüft (die nun erneut defekten IGBTs wieder entfernt) und es sah immer noch alles gut aus. Weil wir uns das alles nicht erklären konnten, haben wir dann später nochmal gemessen und dann gesehen, dass nun (plötzlich oder schon immer? Früherer Messfehler? Oder nun was kaputt gegangen? Unklar.) die Ansteuerspannung des LOW-side IGBT nur ca. 6V statt 12V betrug.

Da wir immer ohne (denn mit knallt es ja) eingebaute IGBTs gemessen haben (also sozusagen im Leerlauf) kann es sein, dass die Treiber schon einen Schlag hatten (ja, ich höre Dich, Tony: "Treiber immer gleich mit auswechseln!"...) und nicht mehr genug Strom liefern konnten, sodass es zu einer Überschneidung (zu langsame Signale, die die Gate-Kapazität der IGBTs nicht mehr schnell genug umladen konnten) kam, während der beide IGBTs leiteten -- und das bedeutet natürlich deren sofortigen lautstarken Tod.

Wir haben nach dieser Erfahrung diesmal viel Zeit auf das reverse engineering verwendet und verstehen jetzt viel besser, wie das alles funktioniert. Das hilft beim Reparieren dann sehr. Wir haben den Plan der kleinen piggy-back-Platine vollständig auf vielen kleinen Zetteln erfasst und mein Freund hat versprochen, den Schaltplan nochmal schön in elektronischer Form zu zeichnen (ich hab nur mit Bleistift auf unüberschaubar viele Zettel skizziert).

Im Gegensatz zu meiner Ankündigung "nach diesem Tag mit dem Verstärker aufzuhören" will ich doch noch nicht aufgeben, da wir nun einen klaren Weg sehen (und schon so viel Arbeit investiert haben). Wir tauschen den Treiber der IGBTs (IR2110, wir hatten einen IR2113 verfügbar, der geht auch) aus (der ist praktischer Weise sogar gesockelt, also in weniger als 1 Minute getauscht und kostet nicht viel), dann belasten wir ihn am Ausgang mit einigen nF, die die Gatekapazität simulieren, dann messen wir die Signale und schauen sie uns ganz genau an. Wenn das alles passt, dann löten wir neue IGBTS ein (ich hab glücklicherweise 5 statt nur 2 gekauft, wir haben also noch einen "Schuss"), legen aber eine weitere Glühlampe als Strombegrenzer zwischen die Kondensatorbank und die IGBTs, sodass bei einem erneuten Durchschuss nichts mehr kaputt gehen kann. Da praktischer Weise die passende Leiterbahn bereits verdampft ist, müssen wir garnichts extra unterbrechen, ha ha ha. Dann nehmen wir das SNT nochmal (ohne eigentlichen Verstärker) in Betrieb und schauen uns alle Signale an. Jetzt sollten dann auch erstmals die Betriebsspannungen (50V oder 80V) erzeugt werden. Und wenn das klappt, bauen wir alles zusammen und er sollte funktionieren.

Eine Unwägbarkeit ist noch der Treiber der Komplementärendstufe (PNP/NPN) des eigentlichen Audio-Verstärkers. Dort waren ja auch zwei Transistoren durchgebrannt und da könnte es auch den Treiber beschädigt haben. Den Treiber sollten wir uns nach dieser Lern-Erfahrung also nochmal genau anschauen, denn es handelt sich ja um eine Klasse-D (bzw. class H) Endstufe, die einem Schaltnetzteil sehr ähnlich ist, so jedenfalls unsere Arbeitshypothese. Eine Beschreibung der Klasse G und H findet sich im link. Klasse G und H sind Linear-Gegentakt-Ausgangsstufen, die aber mit zwei Spannungsebenen arbeiten: eine niedrige Ebene für kleine Leistung und die volle Spannung für hohe Leistung. So kann die Verlustleistung für mittlere Ausgangsleistungen klein gehalten werden und die Kühlkörper fallen kleiner aus. Klasse D dagegen verwendet PWM (Pulse Width Modulation) und MOSFET Schalttransistoren in der Ausgangsstufe. Dabei wird eine unhörbare (weil sehr hohe) Chopping-Frequenz (Rechtecksignal) per PWM moduliert und anschließend in einem Induktor wieder in ein Audiosignal umgeformt. Wir dachten, dass es sich um eine Kombination beider Verfahren handelt.

Beim nächsten Reparaturtermin haben wir (ohne SNT Ausgangstransistoren) die Gatesignale ganz genau angeschaut und die sahen mit dem Original-Treiber IC IR2110 nicht mehr gut aus. Also Treiber IC getauscht (wir hatten nur den IR2113 verfügbar) und schon passten die Flanken und die Amplitude. Wie oben beschrieben, Glühlampe als Strombegrenzer, haben wir das zweite Pärchen der SNT Endstufe in Betrieb genommen: alles bestens! Dabei war diesmal kein Kanal der Audio-Endstufe angeschlossen, also nur das SNT im Leerlauf. Da die Niederspannung nicht stabilisiert ist, schwankt sie zwischen 130V und 150V, je nach Eingangsspannung (Netzspannung). Interessant auch, dass es nur eine Niederspannung gibt, nicht zwei verschiedene (natürlich ist die Niederspannung symmetrisch, also -130V und +130V)! Das spricht gegen eine Class G Endstufe.

Die Annahme ist, dass das SNT nun funktioniert. Wir wollen es beim nächsten Mal mit zwei Glühlampen symmetrisch belasten und dann über die Glühlampen (als Sicherung) einen Verstärkerkanal anhängen (diesmal hatten wir nur eine Glühlampe dabei).

Das Schaltnetzteil
Wir haben dann noch sehr viel Zeit auf das reverse engineering der kleinen SNT Steuerplatine verwendet, um alle Funktionsblöcke besser verstehen zu können. Hier einige hochaufgelöste Fotos der Platine aus dem Gerät.

       

           

* IC 2U1, SG3525AN (Achtung: es steht auf dem Kopf!), ist das PWM-IC des SNTs.
* IC 2U2, IR2110, direkt darunter enthält die IGBT Treiber für HIGH-side und LOW-side.
* IC 2U3, NE556, enthält zwei timer (wie 2x NE555)
* IC 2U4, LM339, enthält vier Komparatoren, die diverse Fehlersituationen durch Vergleich erkennen und das SNT sperren können.
* IC 2U5 und IC 2U6 sind Optokoppler, die aber nicht bestückt sind. Dazu später mehr.

Mein Freund hatte schon mit dem Zeichnen des Schaltplans angefangen, als er dann doch noch bei Elektrotanya fündig wurde, zumindest teilweise. Es ist nicht der Schaltplan des TSA4000 sondern des PLX3602 von QSC, einer Audio-Firma aus Kalifornien, U.S.A. Zumindest das SNT ist, soweit wir das überprüft haben sehr ähnlich, sodass wir darauf verzichtet haben, selbst einen Plan zu zeichnen. Böse Zungen könnten jetzt behaupten, dass es sich beim TSA4000 um einen abgespeckten Nachbau der QSC Schaltung handelt, aber das wissen wir nicht. Es ist möglicherweise auch nicht gesichert, dass das Design der TSA4000 wirklich in sich stimmig und logisch ist, es könnte etwa sein, dass manche Teile der Schaltung, die z.B. Schutzfunktionen (die beiden Optokoppler!) betreffen und im normalen Betrieb nicht gebraucht werden, einfach weggelassen wurden. Es kann aber auch sein, dass wir einfach zu blöd sind, um alle genialen Schaltungstricks der TSA4000 Entwickler zu verstehen. Die Bauteilbezeichnungen im Schaltplan (Seitenreihenfolge im PDF ist verdreht: 1-2-4-5-3) stimmen allerdings nicht mit den auf die Platine gedruckten Bezeichnungen überein, aber das ist ja nur ein kleines Problem. Das SNT findet sich auf der letzten Seite, Seite 5. Man sieht hier auch die beiden Optokoppler, hier U15 und U17 (CNY17-1), eingezeichnet:

Wir vermuten die Funktion wie folgt:

Im 230V Eingang findet sich ein massives LC-Filter (das hatte sich durch Blindstrom, siehe oben, ja schon bemerkbar gemacht). Der NTC R324 begrenzt den Einschaltstrom, denn die Zwischenkreiskondensatoren sind super groß: 2200F (4x 2200F, je 200V, zwei parallel, dann diese in Reihe) bei 325V und es würde sonst beim Einschalten der Sicherungsautomat auslösen. R324 ist zwar ein NTC, dessen Widerstand von alleine kleiner wird, wenn er heiß wird, aber um Energie zu sparen und kein Volt zu verlieren wird er durch das Relais K1 kurzgeschlossen, sobald die Zwischenkreiskondensatoren geladen sind und der Verstärker einschaltet. Es gibt keine PFC, ein einfacher Brückengleichrichter BR1 richtet die Netzspannung gleich. Dabei wird bei Betrieb an 120V eine Spannungsverdopplerschaltung über die Brücke W8A-W8B aktiviert. In Deutschland, mit 230V, ist dagegen W240 fest verlötet.

Aus dem Zwischenkreis, PRI_HI, wird auch das Standby-Netzteil um U16 versorgt. Das hatte ja noch funktioniert und steuert die rote LED im Inneren des Geräts an. Es ist ebenfalls ein SNT und verwendet den Trafo T1. T1:1 ist die Primärwicklung, T1:2 die Sekundärwicklung, die +18V erzeugt. PRI_LO ist die "heiße" Masse des Primärkreises. Mit Q99, der die Z-Diode D66 kurzschließt, kann die Standby-Spannung um 10V abgesenkt werden, wenn die Zwischenkreisspannung höher als die Eingangswechselspannung ist. Wann genau das der Fall ist, ist uns nicht ganz klar. Dies könnte z.B. sein, wenn der Netzschalter abgeschaltet wird. IC U13:3 aktiviert in diesem Fall auch die globale Fehlerleitung und sperrt das Haupt-SNT über den Timer U14:2, der seinerseits das SHUTDOWN Pin von U19 aktiviert. Der Sinn ist uns aber nicht ganz klar.

U19 steuert über U18 die IGBTs (bei uns sind es IRGP4063D) an. Die Leistung fließt dann mit hoher Schaltfrequenz über L6:1, einem Stromtransformator, der dazu dient, Überlastsituationen zu erkennen. Die ganze Leistung fließt auch über den winzigen C144 mit 470nF! Ist schon Wahnsinn! Und schließlich geht es ab in die Primärwicklung des Haupttransformators T2:1.

Die Sekundärwicklung L6:2 des Stromtrafos steuert U13:2 und U13:4, die nicht nur auf Überstrom (U13:4) sondern auch auf zu kleinen Strom (U13:2) prüfen und bei Über- oder Unterschreiten das SNT sperren. Warum auch bei zu kleinem Strom abgeschaltet wird, ist uns noch nicht ganz klar.

L6:2 steuert über Q95 auch den (nicht vorhandenen) Optokoppler U17 an. Dieser aktiviert bei zu hohem Strom das Signal PS-OL (Power Supply Overload), das (auf Seite 4) den Verstärker mutet. Der zweite (nicht vorhandene) Optokoppler U15 wird über das Signal DC-OFF (von Seite 4) aktiviert und schaltet dann das globale Fehlersignal ein, welches das SNT abschaltet. Diese beiden Schutzschaltungen fehlen also beim TSA4000, da nicht bestückt.

Auch die Sekundärseite T2:2 des Hautptransformators ist beim TSA4000 anders: es wird nur eine symmetrische Spannung erzeugt, die zwischen 130V und 150V liegt (je nach Last und Netzspannung, da sie nicht stabilisiert ist). Es fehlt bei uns also das MID-RAIL von +/-82V. Dazu später mehr! Und natürlich werden die +/- 15V für die Operationsverstärker im Audio-Eingang erzeugt.

Es werden also überwacht:
* die Zwischenkreisspannung, die einen Mindestwert von ca. 270V überschreiten muss
* die Zwischenkreisspannung, die nicht höher als die Spitzenspannung der Netzwechselspannung sein darf
* der Strom durch den Haupttransformator, der weder zu hoch noch zu niedrig sein darf
Das Ganze passiert über verschiedene RC-Zeitglieder, was leider auch bedeutet, dass eine schnelle, kurzfristige Überlast nicht rechtzeitig zum Abschalten des SNT führt, sondern es brennen die IGBTs durch.



Der Audioverstärker
Nachdem das SNT nun wohl funktioniert, wendeten wir uns dem Audioverstärker zu. Für jeden Kanal (links/rechts) ist ein massiver Verstärker auf einer Platine aufgebaut und auf einen großen, zwangsbelüfteten Kühlkörper geschraubt. Sieben starke NPN (NJW0281G) und sieben PNP (NJW0302G) Transistoren, die über 0.1 Ohm Emitterwiderstände parallel geschaltet sind, bilden die Endstufe (Platine: PX4000-3# 2011-02-01).

Folgende Bauteile sind auf der Oberseite:
2x Mosfet IRFP250N
4x NJW0302GC 15A 250V PNP
URF1220D  MOSPEC   Dual fast power rectifier  12A 200V  suffix D=series connected
2x Metall
KSD-01F  CQC  CE   D 050B0C   Temperatursicherung  Schalter
kleiner Transistor
7x NJW0302GC

Folgende Bauteile sind auf der Unterseite:
7x NJW0281GC  15A 250V NPN
kleiner Transistor
C4793
2x ??
KSD-01F  CQC  CE   D 050B0C   Temperatursicherung  Schalter
URF1220D  MOSPEC   Dual fast power rectifier  12A 200V  suffix D=series connected
4x NJW0281GC
2x IRFP250N
1x F20L60U

Wir dachten zuerst, dass es sich um eine Class D PWM-Endstufe handelt (weil große Induktivitäten auf der Platine zu sehen sind), jedoch zeigten spätere Messungen am funktionierenden Kanal, dass es eine analoge Class-B Gegentaktendstufe ist.

       

Allerdings wird deren Betriebsspannung nun doch geschaltet: je vier IGBTs auf der positiven und negativen Seite erzeugen eine zweite Hilfsspannung. Zuerst dachten wird, da zwei große Ringkerne zu sehen waren, dass es sich hier um ein weiteres SNT handelt, das entweder step-up oder step-down macht. Da die Versorgungsspannung mit 150V schon sehr hoch ist, wohl eher step-down. Eine genauere Analyse (und spätere Messungen) zeigte aber, dass es sich nur um einen einfachen Linear-Längsregler handelt! Dieser betreibt bei kleinen Leistungen die Endstufe mit nur ca. 6V. Wird mehr Leistung angefordert, so steigt diese Spannung und kann schließlich mit zwei MOSFETs IRFP250N direkt auf die 150V gelegt werden. Dies passiert aber nicht "je Halbwelle" sondern nur mit einer grösseren Zeitkonstante, da grössere Sieb-Elkos aufgeladen werden. Vermutlich kann man daher schon von einer Class-G Endstufe sprechen.

Und einer dieser MOSFETs war, wie sich zeigte, ebenfalls durchgebrannt! Diese IRFP250N sind mit ca. 2 EUR recht preiswert, aber da wir keinen zur Hand hatten, mussten wir wieder abbrechen und nochmal einen neuen Termin anberaumen.

Wir haben aber, über die beiden Glühlampen, den noch funktionsfähigen Kanal doch noch in Betrieb genommen und er funktioniert jetzt tatsächlich wieder, was uns sehr freute. Beim nächsten Mal geht es weiter.

6.6.2024, es geht weiter. Habe heute die beiden MOSFETs IRFP250N ausgetauscht, die wir letztes Mal als defekt identifiziert hatten. Dann alles zusammengebaut und zuerst mit zwei Glühbirnen in den +150V und -150V Leitungen ausprobiert. Diese würden verhindern, dass ein kolossaler Fehler oder Kurzschluss im Kanal wieder das Netzteil (SNT) mit in den Tod reißt. Das hat aber funktioniert und ich konnte Audio im Lautsprecher hören!!! Yeaaaah! Damit funktioniert nun auch der zweite Kanal. Bei diesem Test hatte ich sicherheitshalber den ersten Kanal abgeklemmt, damit er nicht eventuell zum Kollateralschaden wird, sollte was schief gehen. Dann habe ich den dazugeklemmt (jetzt alles ohne Sicherheitsglühbirnen) ... und nichts ging mehr! Argh! Immerhin, keine Funken, kein Knall. Grrrrr. Hab dann einige Zeit erfolglos gesucht. Dachte an Schutzschaltung, habe 2. Lautsprecher angeschaltet, keine Änderung. Und das Display zeigt FAIL (rote LED ganz oben) auf beiden Kanälen. Was war bloß los??

Ich habe den Verstärker über meine Glühbirnenbatterie in der 230V Leitung betrieben, zur Sicherheit (und am Regeltrenntrafo, auch zur Sicherheit). Wir hatten schon früh gemerkt, dass das SNT den Wandler erst einschaltet, wenn der Zwischenkreis eine sehr hohe Spannung (über 200V) erreicht hat. Daher hatte ich schon 3 der 4 Lampen an. Was aber eine neue Erkenntnis war: erst wenn diese Spannung nochmal höher ist, gibt der Verstärker die Endstufe frei! Solange ich nur einen Kanal angeschlossen hatte, reichten die 3 Lampen, aber mit 2 Kanälen wird mehr Ruhestrom gezogen und so blieb die Spannung zu klein, der Verstärker schaltete die Endstufe nicht ein (da klackt dann ein zweites Relais). Als ich auch die 4. Lampe einschaltete, ging der Verstärker dann plötzlich einwandfrei mit 2 Kanälen aktiv. Das Problem war also selbstgemacht, beim normalen Anschluss kommt das nicht vor. Ich hab's dann auch mit Überbrückung aller Lampen probiert, aber da schmeißt der Regeltrafo (RT) seine interne Sicherung, weil der Ladestrom für die Elkos momentan zu hoch wird. Und natürlich hat der RT bei jedem Einschalten die Haussicherung geschmissen. Aber das kennt man ja.

Damit ist der Reparaturversuch nun erfolgreich beendet. Wir haben über diesen speziellen Verstärker und die Fehlersuche in so wuchtigen Dingern einiges gelernt. Für mich war es das erste Mal an so einem Typ von Verstärker zu arbeiten. Im Endeffekt dann aber doch nichts wirklich Neues: Transistoren und MOSFETs, die im Kurzschlusspfad lagen. Dazu das MOSFET Treiber-IC im SNT. Und eine verdampfte Leiterbahn. Besonders schwierig war es, Informationen über die Endstufe im Internet zu finden. Ich hoffe, dass das, was wir zusammengetragen haben, dem nächsten Reparateur hilft. Gut sind auch einige threads im mikrocontroller-Forum: TSA 4-700 und TSA 1400.

Die gesamten Bauteilekosten liegen bei ca. 55 EUR. Die "Arbeitszeit" war enorm: es hat sich über ein Jahr hingezogen, mit 3 oder 4 Tagen je 10 Stunden mit jeweils zwei Personen und einigen Teil-Tagen, wovon die meiste Zeit auf das Kennenlernen der Schaltung und das reverse engineering verwendet wurde, was eigentlich nicht nötig gewesen wäre, denn in dem Moment, wo wir das SNT ziemlich vollständig erfasst hatten, fanden wir einen passenden Schaltplan im Netz. Oh well, so geht es.

Und es prickelt immer ein wenig, wenn die Spannungen über 80V steigen. Und 325V mit den mächtigen Elkos ... da ist schon was los, wenn was passiert. Hat man ja gesehen.

Zusammenfassend möchte ich folgendes festhalten, das vielleicht für andere Reparierer hilfreich ist:
* die enorme Ladung/Energie in den Zwischenkreiselkos verdampft nicht nur problemlos Leiterbahnen, sondern nimmt auch ruck-zuck Leben. Also immer vor den Arbeiten die Elkos entladen bzw. warten, bis die StandBy-LED ausgegangen ist.
* wie bei jedem SNT liegt der Primärkreis direkt an der Netzleitung. Daher unbedingt mit einem Trenntrafo arbeiten! Zu schnell zerstört man ein (geerdetes) Oszi oder auch sich selbst.
* Glühlampen als Einschaltstrombegrenzung flößen Sicherheit ein, sind hier aber eher wirkungslos, da das SNT erst einschaltet, wenn die Spannung im Zwischenkreis 270V überschreitet. Sind die Glühlampen zu klein, dann kommt es zu einem Oszillieren: ein/aus/ein/aus/... Mit 165W konnte ich einen Kanal in Betrieb nehmen, für beide brauchte es 265W, weil die Blockage des Verstärkers erst bei noch höheren Spannungen aufgehoben wird. Ist die Spannung zu niedrig, läuft aber das SNT bereits, so leuchten die beiden roten FAIL-LEDs auf der Frontseite. Also unbedingt ausreichend große Glühlampen (300W und mehr) verwenden!
* Aus dem gleichen Grund hilft auch ein Regeltrafo nur bedingt: Erst wenn auf mindestens 200V~ Eingangsspannung hochgedreht wurde, beginnt das SNT überhaupt zu arbeiten. Aber, ja, bei der ersten Inbetriebnahme ist es wohl ganz sinnvoll, die Spannung langsam hochzudrehen und die Glühbirnen zu beobachten. Könnte ja auch irgendwo ein Kurzschluss sein.
* Die ungewöhnlich großen Entstörkondensatoren im 230V-Eingang führen zu erheblichen Blindströmen, welche die Glühlampen (z.B. 25W) bedenklich hell leuchten lassen. Das ist aber alles OK!
* Das Datenblatt von onsemi für das SG3525AN war fehlerhaft: die Polarität für das Shutdown-Pin (active HIGH) war falsch angegeben gewesen. Wir haben das an onsemi gemeldet und die haben prompt reagiert und im Februar 2024 eine korrigierte Version (Rev. 7) veröffentlich, die nun stimmt. Ein falsches Datenblatt kann einen erst mal verwirren...
* Ein wired-OR fasst verschiedene Fehler und Schutzschaltungen zusammen: HIGH: RUN, LOW: blocked. Das lässt sich also nicht so ohne weiteres umgehen (kann man nicht einfach auf HIGH ziehen). Der LM556 hat einen Gegentaktausgang; hier ist LOW: RUN, HIGH: blocked. Das kann man nicht einfach so auf Masse ziehen.
* Thomann hat (um den Preis zu drücken?) einige Sicherheits- und Schutzschaltungen entfernt bzw. unbestückt gelassen. Daher ist dieser Verstärker keineswegs gegen alles mögliche abgesichert und entsprechend oft geht hier was kaputt, wenn man einen Fehler macht. Insbesondere muss man darauf achten, dass immer zuerst alles am Verstärker angesteckt wird (Lautsprecher, Eingänge (Mischpult, Mikrophon, etc.)) und dann erst der Verstärker eingeschaltet wird! Ganz wichtig! Sonst kann es sein, dass der Einschalt-Plopp den Verstärker killt, denn es gibt keine interne Strombegrenzung!
* Die "Niederspannung" auf der Sekundärseite liegt bei ca. +150V und -150V, also 300V. Vorsicht!
* Fehlerkaskade: bei plötzlicher Übersteuerung der Endstufe schalten die Endtransistoren voll durch und entladen blitzartig die Sekundärkondensatoren (bei 300V fließt da einiges an Strom). Typisch brennt dabei einer der NPN-Transistoren und einer der PNP-Transistoren durch und macht einen permanenten Kurzschluss von +150V nach -150V. Da bei hoher Leistungsanforderung (class H!) die volle Sekundärspannung über die MOSFETs an der Endstufe anliegt, reißt es also auch diese MOSFETs ins Grab (Kurzschluss). Darauf reagiert das SNT mit maximaler Stromlieferung (keine Begrenzung!) und holt sich aus den Zwischenkreiskondensatoren Energie, bis es selbst durchbrennt: die beiden IGBTs beißen ins Gras. Das wiederum reißt den Treiber IR2110 in den Tod, zumindest wird er vorgeschädigt und sollte erneuert werden. Praktisch: er ist gesockelt (hochwertige, gedrehte Sockel)! Warum wohl...? Ein Kurzschluss der IGBTs leitet dann die restliche Energie des Zwischenkreises in die Leiterbahnen, die an ihrer schmalsten Stelle verdampfen und so den Kurzschluss von der Primärseite entfernen. Dies alles lässt die 25A Primärsicherung völlig kalt.
* Die defekten Transistoren lassen sich tatsächlich mit dem Ohmmeter (im milli-Ohm-Bereich) herausfinden: man sucht nach dem Transistor mit dem geringsten Widerstand, der ist defekt (weil bei allen anderen die Leiterbahnen ein paar milli-Ohm dazuaddieren).
* Inbetriebnahme Stück für Stück: erst muss das SNT laufen (beide Kanäle komplett abgetrennt). Ohne die IGBTs an der Gate-Ansteuerung messen, ob die Treiber-Signale schön vorhanden sind (dabei fehlt ohne die IGBTs die boost-Spannung, sodass das obere Ansteuersignal HO eventuell schlecht aussieht). Dafür braucht es die 270V im Zwischenkreis!! Dann IGBTs einlöten, aber in jeden Pfad (nach + und nach Masse) eine 25W Glühbirne legen (Leiterbahn auftrennen!). Diese verhindert eine Beschädigung der IGBTs bei vielleicht doch schlechtem Ansteuersignal. Dieses kann man jetzt (potentialfreies Oszi! Finger weg!) messen und auch das HO-Signal sollte gut ausschauen, insbesondere darf kein Durchschuss (beide leitend) vorhanden sein. Die Glühbirnen dürfen kaum leuchten. Wenn das gut ist, die Glühbirnen entfernen: das SNT sollte jetzt arbeiten, die LED Aussteuerungsanzeige sollte wieder leuchten. Jetzt jeden Kanal getrennt in Betrieb nehmen. Dabei 40W Glühbirnen in die +150V und in die -150V Leitung zur Sicherheit einschleifen. Man sollte jetzt im Lautsprecher ein sauberes Signal der jeweiligen Stufe hören können. Dann Glühbirnen entfernen: immer noch alles gut? Dann das gleiche mit dem 2. Kanal. Dann beide Kanäle anschließen.
* Verstärker nicht zu weit aufdrehen, da er keinen Überlastungsschutz hat. 50% Aussteuerung sollte er wohl packen.

In diesem thread kann man Fragen und Kommentare schreiben.



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