Tx=20211228.

Der Kampf mit dem Brumm

Da mein Test-Rig jetzt recht gut funktioniert, wollte ich schauen, ob ich damit einen VLF (very low frequency) Empfänger bauen kann. Der Maschinensender SAQ in Schweden sendet 3 Mal pro Jahr, auch jedes Weihnachten. Dieses Jahr bin ich wieder mal zu spät dran, aber ich will für nächstes Weihnachten gerüstet sein. SAQ sendet auf 17.2 kHz (!), also tatsächlich im Audio-Bereich. Der Vorteil ist, dass es (so dachte ich) beim Aufbau nicht so kritisch ist, weil es ja keine richtige HF ist.



Aber was ich an der Anode oszilligraphierte, war der reine Horror:

Der 17.2kHz Schwingung, die als grünes Band mit einer Amplitude von 100mVpp sichtbar ist, ist eine niederfrequente Schwingung überlagert, sprich ein Brumm! Dabei ist die höchste Frequenz 1/6.6ms = 150Hz, aber auch die Grundschwingung von 19.5ms, also 50Hz ist deutlich sichtbar. Hierbei handelt es sich um Netzbrumm, denn die Triggerung des Oszi erfolgte mit der Netzfrequenz und dieses Bild ist damit phasenstarr verkoppelt. Die 150Hz sind natürlich die 3. Harmonische der Netzfrequenz (1. Harmonische = Grundton von 50Hz). Die 3. Harmonische wird vor allem von nicht PFC-korrigierten Schaltnetzteilen erzeugt. Und davon gibt es bei mir einige!

Wie kommt also nun diese 150Hz Störfrequenz in meinen Verstärker?
* Eine Abschirmung der gesamten Unterseite der Aufbauplatte mit einer Kupferfolie brachte nur eine minimale Verbesserung um 10mVpp. Die Amplitude beträgt jedoch 200mVpp, das sind also nur 5%.
* Ein Berühren der Röhrenanschlüsse mit dem Finger zeigte keine besonders empfindlichen Pins.
- Am g1 wurde das Signal mit einem hochfrequenten "Grieseln" überlagert und wurde in der Amplitude kleiner(!)
- Diese Amplitudenverkleinerung findet beim Tippen auf alle Anschlüsse statt, ausser bei der Anode: hier wird vom Körper ein sehr starkes 50Hz Signal überlagert.

Bei diesem Versuch zeigte sich jedoch eine starke Handempfindlichkeit der EF98: sobald ich die Hand der Röhre nähere, steigt die Amplitude stark an! Berühre ich die Röhre im Bereich der Elektroden (also an der flachen Seite), wird eine sehr starke 50Hz Einstreuung beobachtet. Dies verwundert, da die EF98 einen Schirm besitzt, der innen direkt mit der Kathode verbunden ist und externe elektrische Felder eigentlich abschirmen sollte. Um diese Einstreuungen zu unterbinden, habe ich die EF98 mit einer Kupferabschirmung versehen, die mit dem Masse-Sternpunkt verbunden ist.

Die Handempfindlichkeit ist nun völlig verschwunden und die Amplitude ist auf 160mVpp zurückgegangen, was aber immer noch viel zu hoch ist. Das Schirmbild selbst hat sich in der Form nicht verändert.

Interessant ist auch zu sehen, wie sehr verseucht meine Werkstatt ist: wenn ich Ub abklemme und die Röhre abschalte (Heizung aus), so sehe ich ein Signal von 500mVpp an der Anode (die jetzt frei floatet). Wenn ich diesen Punkt berühre, so steigt diese Spannung auf 5Vpp! Alles gemessen mit 1M 25pF Oszi. Beim Umschalten auf eine 1:10 Probe mit 10M Eingangswiderstand steigt die angezeigte Spannung auf 42Vpp, wenn ich die Anode mit dem Finger berühre!! Bei diesen Messungen war das Oszi nicht am Schutzleiter angeschlossen, also floating, aber mit der Sternmasse auf der Platine verbunden, die wiederum mit Minus des DIGI40 verbunden ist. Das ist ein Trafo-Linear-Netzteil, dessen Niederspannungsausgang ebenfalls floating ist. Ein weiterer Umstieg auf eine 1:100 Probe mit 100M Eingangswiderstand brachte keine Änderung der Spannung mehr. Weitere Suche zeigt, dass das DIGI40 an seinem Ausgang, wenn es eingeschaltet ist, eine Spannung von 200Vpp gegen Erde (oder den Schutzleiter) liefert. Ein Phasenprüfer leuchtet auf! Da hilft nur das externe Erden des DIGI40 auf der Minus-Buchse. Damit sind diese hohen elektrischen Spannungen nun verschwunden. Bei Berührung der Anode mit der Hand kommt jetzt nur noch ein "Grieseln" auf das Signal, nicht mehr die hohen 50Hz Pegel, die vorher vorhanden waren. Die Brummspannung an der Anode der EF98 im Betrieb ist immer noch 160mVpp.

Kurzschliessen von g1 auf die Kathode eliminiert das 17kHz Signal vollständig (ist ja klar) und reduziert den Brumm an der Anode auf 15mVpp.

Ich bin wieder auf der 1:1 Probe und nun auf maximaler Empfindlichkeit des Oszis. Um einen Einfluss des Zeilentrafos auszuschliessen, habe ich diesen entfernt: keine Änderung. Aber ich habe bemerkt, dass Anheben und Schwenken der Aufbauplatte einen Einfluss hat. Und ebenso eine Lageveränderung des KOSMOS Trafos!


Damit ist der Brumm (bei kurzgeschlossenem g1) jetzt auf 5mVpp reduziert. Abschirmversuche mit einem Blech aus -Metall brachten keine Verbesserung; weder an der Schwingkreisspule noch am Trafo.

Schalte ich den KOSMOS Trafo ab, so verschwindet der Brumm. Es muss also etwas mit diesem Teil der Stromversorgung zu tun haben.

Klemme ich die Heizung am (laufenden) Trafo ab, so geht der Brumm nach Abkühlen der Röhre stark zurück und sieht so aus:


Der Brumm liegt jetzt bei vielleicht 2mVpp, aber der overscan-finder am Oszi zeigt over- und underscan an. Tatsächlich sieht man bei genauerem Hinschauen ganz feine Schaltspitzen (im zweiten Bild mit mehr Strahlhelligkeit)! Und die haben mehr als 40mVpp (und triggern den overscan finder)! Man sieht die 50Hz Spitzen und die abwechselnden 100Hz Spitzen. Das sieht sehr nach dem Brückengleichrichter in der Siebkette aus! Also habe ich über die Dioden 10nF Kondensatoren gelötet und schon waren die Spitzen auf 15mVpp. Da sich diese Störungen nicht über die Gleichspannungsleitungen sondern über die Wechselspannungszuführungen verbreiten (sobald die Heizung beidseitig abgeklemmt wird, verschwinden sie), habe ich die Wechselspannungszuführungen noch mit einer common mode Ringkerndrossel geblockt. Das hat aber garnichts gebracht (habe ich die Drossel falsch rum eingebaut?). Ist aber nicht so wichtig, weil die Spitzen verschwinden, sobal die Heizung zweipolig angeschlossen ist und den Trafo belastet.

Ich denke also, dass der 50Hz Brumm, der bei ca. 2.5mVpp an der Anode liegt, über die Heizung einkoppelt. Daher habe ich die Heizung über den KOSMOS Gleichrichter angeschlossen, nicht aber ohne vorher -- erstmals in 50 Jahren -- den Gleichrichter zu öffnen und zu prüfen. Und tatsächlich war eine der Dioden des (Selen?-) Brückengleichrichters durchgebrannt - wer weiß, wie lange schon! Also habe ich einen neuen Silizium-Brückengleichrichter eingebaut (1.5A statt bisher 1.2A) und auch gleich eine Gleichtaktdrossel und einen 6800F Kondensator, denn sonst fließt der Heizstrom ja wieder im 100Hz Rhythmus (allerdings keine 10nF Kondensatoren und prompt sind die Schaltspitzen wieder da). Die Restwelligkeit liegt bei ca. 200mVpp, also für die Heizung absolut fein. Die Heizspannung steigt durch die Spitzenwertgleichrichtung auf 6.8V, was tolerabel ist. Und tatsächlich sinkt dadurch der Brumm an der Anode auf ca. 1mVpp und ist damit an meiner Messgrenze. Hier der alte Gleichrichter (defekt):

Um jeglichen Brumm aus der Heizung auszuschliessen, heize ich versuchsweise aus einem Akku: keinerlei Brumm mehr! Damit ist eindeutig klar: die Einstreuung erfolgt über die Heizung! Und problematisch ist auch, dass ich das Schirmgitter aus der gleichen Trafowicklung wie die Heizung versorge; da kommt es immer wieder zu Spannungsdifferenzen zwischen Heizung und Kathode. Eine eigene Heizwicklung (mit Mittelanzapfung) wäre besser, habe ich aber (noch) nicht. Wenn ich mehr Zeit habe, werde ich mir ein geregeltes und einstellbares Experimentier-Röhren-Netzteil mit separater HV (250V oder 400V) und Heizwicklung bauen. Aber für den Moment muss der Gleichrichter für die Heizung reichen.

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